Der typische primäre Morbus Addison ist durch einen außergewöhnlichen  Mineralokortikoid-Mangel gekennzeichnet.  Er wird oft erst über die Addison-Krise erkennbar, der Schweregrad der Krise ist einhergehend mit dem Ausmaß der Kaliumerhöhung und des Wasserverlustes.
 
Leitsymptom: Natrium ist vermindert bis stark vermindert, Kalium erhöht bis stark erhöht. Die Schwere der Krise wird durch die Erhebung des Natrium-Kalium-Quotienten (Natriumwert ÷ Kaliumwert) ersichtlich:

• Der Normalwert des Quotienten liegt bei 28-40.

• Bei einem Quotienten von unter 27 besteht der Verdacht auf Morbus Addison,

• Bei einem Quotienten von unter 25 ist der Hund bereits in der Krise, 

• Bei einem Quotienten von unter 15 besteht akute Lebensgefahr.
 
Achtung: Auch Natrium- und Kaliumwerte, die gerade noch im Normbereich liegen, können schon krisenhaft sein! Wenige Hunde haben auch keine Natrium-Kaliumverschiebung, aber ein sehr hohes körpereigenes ACTH (Adrenocorticotropes Hormon)!
 
Im EKG sind abhängig von der Erhöhung des Kaliumwertes  Veränderungen  zu sehen. Es kommt zur verminderten Durchblutung der Nieren und anderer Organe. Die endgültige Diagnose wird durch den ACTH-Stimulationstest mit Messung des endogenen (=körpereigenen) ACTH gestellt. Der ACTH-Stimulationstest gilt als Goldstandard-Test für den Nachweis eines Morbus Addison. Unter Goldstandard versteht man die beste Methode zum Nachweis oder Ausschluss einer Erkrankung. 

Bitte die Ausführungen zur vorzeitige Gabe von Cortison unter „Was sonst noch wichtig ist“ unbedingt beachten!


 
Für die Durchführung des ACTH-Stimulationstests gibt es folgendes Schema: 
• Zunächst werden je eine Blutprobe für die körpereigene Cortisol-Konzentration und eine Blutprobe für die Bestimmung des körpereigenen ACTH (Die Probe muss mit einem Enzymhemmer versehen sein ) entnommen, anschließend werden 5 μg/kg synthetisches ACTH (Synacthen®) intravenös oder intramuskulär appliziert. 
• Die Abnahme der Blutprobe für den angeregten Cortisolwert erfolgt nach 1 Stunde. 
Ergebnisinterpretation: 
• Das körpereigene ACTH beim primären Morbus Addison zeigt sehr hohe Werte: 
normal: < 5 pg/ml - 9 pg/ml,    bei Vorliegen von  Morbus Addison: > 600 pg/ml). 
• Da die betroffenen Nebennieren bei einer Morbus Addison-Erkrankung kein Cortisol mehr produzieren können, ist die erste Probe des Cortisol- Wertes schon niedrig und es gibt beim angeregten Cortisol-Wert keine bedeutsame Steigerung.
Therapie: 
Je nach Schwere der Krise erfolgt zunächst eine Infusionstherapie, vorzugsweise mit physiologischer Kochsalzlösung. Bei sehr hohen Kaliumwerten wird der Infusion Glukose hinzugefügt, weil Glukose durch eine Verstärkung der Insulinausschüttung die Aufnahme von Kalium in die Zellen fördert. Zunächst muss eine Re-Hydrierung, also das Auffüllen des Körpers mit Flüssigkeit erfolgen.

Therapeutisch ist ein Ausgleich unter Beachtung des Elektrolythaushalts wichtig. Liegt eine Abweichung des Serum-Natriumwertes vor, kann ein zu schneller Ausgleich zu einem Hirnödem bzw. einer osmotischen Myelinolyse führen! Dies wird als zentrale pontine Myelinolyse bezeichnet. Die Symptome treten gewöhnlich erst einige Tage nach der Akuttherapie auf. Neurologische Symptome wie Muskeltremor, Ataxien, Anfälle, Bewusstseinsstörungen bis hin zum Koma können dabei auftreten. Um der zentralen pontinen Myelinolyse vorzubeugen müssen die Abweichungen daher vorsichtig ausgeglichen werden. Die Korrektur des Serum-Natriums soll langsam erfolgen und der Anstieg sollte 10–12 mmol/l pro 24 Stunden nicht überschreiten. Da 0,9%iges NaCl kein Kalium enthält, gilt sie als die initiale Infusionslösung der ersten Wahl.

Mitunter liegt auch eine Hypoglykämie vor, da die Hunde oft die Futteraufnahme verweigert haben. Durch Glukosegabe kommt es zur Ausschüttung von Insulin, welches die Kaliumaufnahme in die Zelle fördert. Die kaliumsenkende Wirkung tritt sehr schnell ein, hält jedoch nur 15 bis 30 Minuten an.

Ein Methodenkonzept zur Re-Hydrierung findet sich unter  https://www.kltmed.uzh.ch/dam/jcr:5238f945-8d18-48c2-8658-5aa303115877/L_Zyco2%20(3).pdf

zuletzt aufgerufen am 20.03.2023

Nach Stabilisierung erfolgt dann die Substitution von Mineralokortikoid und Glukokortikoid.
Die erfolgreiche Behandlung  des Morbus Addison erfordert eine lebenslange medikamentöse Therapie. 
Zwingend muss ein synthetisches Mineralokortikoid (tägl. Tabletten oder Desoxycortonpivalat(DOCP)  -Injektion als Depot) verabreicht werden, eventuell auch ein Glukokortikoid. Etwa 50% der Hunde, die mit Mineralokortikoid-Tabletten behandelt werden, benötigen langfristig kein zusätzliches Glukokortikoid, da die Mineralokortikoid-Tabletten  auch Glukokortikoid-Wirkung haben. 
ACHTUNG: Hunde, die mit Desoxycortonpivalat (DOCP)- Depot (Zycortal®) behandelt werden, benötigen immer zwingend auch Glucokortikoide.