Mein Hund hat Morbus Addison. Auf welche zusätzliche finanzielle Belastung muss ich mich einstellen? 

Grundsätzlich benötigt ein Hund mit Morbus Addison regelmäßig und dauerhaft seine geeigneten Medikamente. Während der Betrag für die tägliche Glukokortikoid-Gabe sich eher im Cent-Bereich bewegt, sind der Kauf von Zycortal® und dessen monatliche tierärztliche Injektion sowie die Diagnostik mit Laboruntersuchungen schon etwas kostenintensiver. Hierbei schlagen die Natrium-Kalium-Bestimmungen und weitere blutbilddiagnostische Untersuchungen je nach Notwendigkeit und Häufigkeit deutlich zu Buche, da es leider keinen Schnelltest für Zuhause gibt. Unsere Erfahrung ist, dass das erste Jahr nach Diagnosestellung das kostenintensivste Jahr ist. Wenn sich erst einmal ein Status Quo etabliert hat, in dem der Hund stabil ist, nehmen die Tierarztbesuche ab und damit sinken die Kosten. Für einen primär atypischen Morbus Addison-Patienten fallen nur die Kosten von Glukokortikoid und regelmäßige Natrium-Kaliummessungen an, um zu kontrollieren, dass der primäre atypische Morbus Addison nicht zum primären typischen Morbus Addison wird. Atypischer sekundärer Morbus Addison und iatrogener Morbus Addison benötigen nur das Glukokortikoid und verursachen kaum zusätzliche Blutdiagnostik.

Grundsätzlich möchten wir aber darauf hinweisen, dass jede*r, die*der ein Tier in seinen Haushalt aufnimmt, damit rechnen muss, dass nicht immer alles nach Plan läuft und Sonderausgaben für Behandlungskosten fällig werden. Dennoch ist es unsere Pflicht, unseren Hunden die notwendige und umfassende Therapie zu gewähren.

Kann ich das Zycortal® selbst verabreichen oder muss ich jeden Monat zum Tierarzt?

Das Zycortal® ist nur als Injektion verfügbar. Wer keine Hemmung hat, selbst eine Injektion zu setzen kann sich beim Tierarzt seines Vertrauens anlernen lassen, wie richtig gespritzt wird und dann die Injektion zum richtigen Zeitpunkt selbst setzen. Das ist kein Hexenwerk, - viele von uns spritzen ihren Hund regelmäßig selbst. Das Zycortal® wird ähnlich wie Insulin unter die Haut, also sub cutan (s.c.) injiziert. Wir spritzen niemals in den Nacken, sondern rechts und links in die Haut über den Rippen.

Warum muss mein Hund alle 28 Tage Zycortal® bekommen? Kann der Zeitraum nicht länger sein?

Endokrinologen gehen davon aus, dass Medikamente, die den Mineralstoffwechsel beeinflussen am besten in einem vierwöchigen Intervall verabreicht werden. Die Gründe dafür sind, dass ansonsten die Mineralien zu stark schwanken können mit kritischen Folgen. Beim Kalium wird diese Begründung besonders deutlich: lässt man es zu hoch ansteigen, kommt es hierdurch zum Kaliumüberschuss. Dann bekommt unser Hund erhebliche Probleme wie Muskelschwäche, allgemeine Schwäche, Lähmungen, Darmverschluss, zentralnervöse Störungen, EKG-Veränderungen sowie Herzrhythmusstörungen mit verminderter Herzfrequenz bis zum Herzstillstand. Gerät das Kalium zu tief nach unten, gibt es ebenfalls Probleme wie allgemeine Schwäche, Lähmungen, Herzrhythmusstörungen mit beschleunigter Herzfrequenz bis zum Kammerflimmern, EKG-Veränderungen, Auflösung der quergestreiften Muskeln, Säuredefizit, Nierenerkrankungen, Nierenversagen und im schlimmsten Fall stirbt der Hund. Daher ist es außerordentlich bedeutsam, dass die Natrium- und Kaliumwerte immer im Referenzbereich bleiben. Demzufolge gilt ein Zeitraum von rund vier Wochen als optimal. Wir versuchen, unsere Hunde nur geringfügig über den jeweiligen laborspezifischen mittleren Referenzbereich für Kalium kommen zu lassen.

Wie lange dauert es, bis mein Hund die Erhaltungsdosis von Zycortal® und Kortison erreicht hat?

Darauf kann man keine pauschal gültige Antwort geben. Am Anfang werden beide Medikamente in relativ hoher Einstiegsdosierung verabreicht, um schnellstmöglich die gravierenden Folgen des Mangels zu beheben.

Mit der Zeit schleicht man das Kortison (für gewöhnlich ist das Prednisolon) herunter. Dann beginnt das „Feintuning“: Wir sind ja in einer Substitutionstherapie, das bedeutet, wir geben nur so viel Kortison, wie der Körper, wenn er gesund wäre, selbst produzieren würde. Und das ist mengenmäßig gar nicht so viel. Man nimmt als Faustregel etwa 0,05 mg bis 0,1 mg /kg Gewicht an, wobei Abweichungen nach oben wie nach unten schon bei uns beschrieben wurden.

Ähnlich verhält es sich mit dem Zycortal®: Zu Beginn der Substitutionstherapie sind die Dosen „normal“ bis „hoch“. Aber mit fortgesetzter Therapie scheint es ein Verwertungs-Optimum zu geben, denn die benötigte Dosis sinkt (das gespritzte Zycortal® hält länger vor, so dass die Dosis mehrmals gesenkt werden kann). Dieser Prozess kann mehrere Monate bis zu einem Jahr und mehr dauern. Aber irgendwann findet jeder Hund zu seiner ganz individuellen Dosis. Beim oralen Mineralokortikoid Astonin H® oder Florinef® ist die Faustregel für die Dosierung 0,1 mg pro 10 kg Körpergewicht(2x tägl.).

 

Warum wird das Kortison nur morgens gegeben?

Die Verabreichung des Kortisons ist dem natürlichen Rhythmus der körpereigenen Ausschüttung eines gesunden Hundes nachempfunden. Tagaktive Tiere benötigen es eher am frühen Morgen und über Tag, während es am Abend nahezu gar nicht benötigt wird. Daher geben wir unseren Hunden das Kortison, bevor die Tagesaktivitäten starten. Einem aktiven Jagdhund, der in der Nacht mit zur Jagd geführt wird sollte man aber auch am Abend einen „Schuss“ Kortison gönnen, damit er sich nicht überfordert. Auch hält das Kortison in Form von Prednisolon etwa 12-24 Stunden im Körper vor, so dass wir auch immer ein ganz kleines Depot im Hundekörper haben.

Grundsätzlich gilt aber auch hier: keine Regel ohne Ausnahme! Manche unserer Hunde leben besser, wenn sie auch abends eine kleine Dosis Prednisolon erhalten. Womit der Hund am Ende besser leben kann, muss man als Halter durch Beobachten herausfinden.

 

Wann und wie muss ich einen „Boost“ geben?

Einen „Boost“ gibt man immer dann, wenn man erwartet oder weiß, dass der Hund durch die kommende situative Veränderung psychisch „unter Dampf“ kommen kann. Solche Situationen „mit Ansage“ sind beispielsweise Silversterknallerei, eine Urlaubsreise mit langer Fahrt und unbekannter Umgebung, das Verbringen unseres Freundes in laute und ungewohnte Umgebungen wie zum Beispiel in eine Großstadt, aber auch einen Tierarztbesuch oder Ähnliches. Hier kann man vorrausschauend handeln und mehr Prednisolon zuführen, als der Hund üblicherweise ohne diese Situationen benötigen würde. Da das Prednisolon schnell wirkt und seinen Wirkungsgipfel rasch erreicht (ca. 30 Minuten) kann man den „Boost“ entsprechend in Erwartung des Situationseintrittes verabreichen. Hat man die Dosis zu niedrig gewählt, so kann man auch noch immer etwas nachgeben. Wieviel unser Freund benötigt, kann nicht pauschal voraus gesagt werden. Das muss man selbst herausfinden und die eigenen Erfahrungen sammeln. Eine Verdoppelung der Tagesdosis ist nicht unüblich.

Manchmal kommen solche Situationen aber auch unvorhergesehen. Klassiker sind hier die Verwicklung in eine Hundestreitigkeit, das Weglaufen/Verlaufen/Verirren, ein nicht planbares Ereignis wie z.B. die Verwicklung in einen Verkehrsunfall, welches aber Stresspotential für den Hund hat. Hier kann man den „Boost“ auch unmittelbar an das Ereignis noch geben, es kann ihm durchaus nachträglich noch helfen, mit dem Ereignis psychisch und körperlich besser zurecht zu kommen.

Vor geplanten Operationen sollte dem tierärztlichen Operateur immer mitgeteilt werden, dass er einen Morbus Addison-Patienten auf dem Tisch liegen hat. In solchen Situationen kann die benötigte „Boost-Dosis“ dann nämlich auch schon mal das 10-fache und mehr der üblichen Tagesdosis betragen.

 

Geht die Erkrankung wieder weg?

Diese Frage muss ganz klar mit „nein“ beantwortete werden. Eine Nebennierenrindenschädigung ist eine chronische Schädigung, die nicht heilbar ist. Dasselbe gilt für die Formen des Morbus Addison, die durch die Störung der Hypophyse/des Hypothalamus entstanden sind. Die einzige Ausnahme bildet hier der iatrogene Morbus Addison, der infolge einer chronisch-langen Kortikosteroide-Gabe entstanden ist. Hier besteht die Chance, dass sich die Nebennieren erholen und „aus dem Urlaub“ zurückkehren.

Warum muss man das Kortison so langsam runter schleichen?

Die Nebennieren sind beim Morbus Addison-Hund doch schon kaputt!

Die Nebennieren erfüllen im Körper mehrere Funktionen. Deshalb gibt es ja auch verschiedene Ursachen für Morbus Addison. Die Regulation der Hormone der Nebennierenrinden findet über zwei verschiedene Haupt-Regelkreise statt, die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse und das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System. Die Hypophyse wird auch Hirnanhangdrüse genannt, womit klar ist, dass sie wie der Hypothalamus auch an anderer Stelle im Körper sitzt.

Die Produktion von körpereigenem Cortisol wird durch die Hirnanhangsdrüse (= hier erfolgt die Ausschüttung von ACTH) gesteuert. Das Cortisol gibt der Hirnanhangsdrüse per Blutspiegel die Meldung, dass es ausreichend vorhanden ist und hemmt damit die weitere Produktion von ACTH ("negativer Feedback-Mechanismus"). Da die Hypophyse mit der ACTH-Produktion sich auf die Versorgung des Körpers mit Cortisol ziemlich exakt einstellt, führt eine Übertherapie mit Kortison ebenfalls zu einem Verlust der ACTH-Produktion, weil dieser Feedback-Mechanismus gestört wird. Wird das Kortison dann zu schnell in der Dosis reduziert oder plötzlich weggelassen, kann die Hypophyse ihre ACTH-Produktion nicht mehr so schnell regulieren. Daher gibt man ihr durch langsames Herunterdosieren von Kortison die Gelegenheit, sich an die veränderten Bedingungen zu gewöhnen. Wenn Glukokortikoide bei einer Erkrankung benötigt werden, dann kann die verminderte Dosis andererseits zur erneuten Verschlechterung der Erkrankung führen. Daher ist die Symptomkontrolle auf erneute Anzeichen des Morbus Addison so wichtig bei der Dosisreduzierung.

 

Mein Hund ist nach der Krise so wesensverändert. Wird er jemals wieder so sein, wie er war, bevor er die Erkrankung hatte?

Die Morbus Addison-Krise ist eine sehr schwere Erkrankung, die der Hund auch als solche bewusst erlebt und durchleidet. Und auch wenn er mit einer entsprechenden Therapie sich körperlich schnell bessert, so kann er für die Wiederherstellung seiner psychischen Gesundheit länger benötigen. Für gewöhnlich erreicht der Hund aber seine Lebendigkeit und sein ursprüngliches Wesen bei optimaler Therapie vollständig wieder zurück.

Manches Mal ist es sogar so, dass ein behandelter Hund, der gut eingestellt ist, sich zum ersten Mal in seiner Hundehaut und mit seinen Hormonen so richtig wohl fühlt. Und dem entsprechend auch auftritt! So kann der ansonsten so stille, zurückhaltende freundliche Rüde auch schon mal zum Rambo, Casanova, Hulk oder Superman mutieren und die schüchterne, schmiegsame Hündin zeigt ihren Hundekumpels plötzlich ziemlich taff und unmissverständlich, wo ihrer Meinung nach „der Hammer hängt“…

 

Muss ich meinen Hund nun kastrieren lassen?

Hierzu gibt es alleine aufgrund des Vorliegens eines Morbus Addison keine medizinisch begründete Veranlassung. Ganz im Gegenteil stellt eine Kastration ja auch immer ein Operationsrisiko dar, welches wir am liebsten vermeiden wollen. Waren Rüde oder Hündin bisher unkastriert und liegen keine zusätzlichen medizinischen Probleme vor, so können sie durchaus auch weiter so durch das Leben laufen, wie die Natur es vorgesehen hat. In unserer Gruppe sind viele nicht kastrierte Rüden und Hündinnen mit Morbus Addison, die damit ganz hervorragend zurechtkommen.

Darf ich mit meinem Hund noch züchten?

Diese Frage muss man als Tierfreund aus tierethischen und tierschutzrechtlichen Gründen, aber auch aus moralischen Argumentationen ganz klar mit „nein“ beantworten. Einer Hündin mit Morbus Addison eine Trächtigkeit zuzumuten, ist aus unserer Sicht inakzeptabel und hoch risikoreich für Hündin und Welpen. Ein Mensch, der seinen Hund liebt, tut so etwas nicht. Und da ja auch nicht eindeutig und abschließend geklärt ist, wieso Hunde einen Morbus Addison bekommen, ist das Risiko für die Welpen, auch daran zu erkranken, überproportional hoch.

Bei Rassehunden regelt die jeweilige Zuchtordnung, was geht und was nicht. So gibt es Zuchtordnungen, die nur den erkrankten Hund aus der Zucht ausschließen. Andere gehen weiter und schließen auch die auf- und absteigenden Generationen eines an Morbus Addison erkrankten Hundes aus. In manchen Fällen werden auch die Wurfgeschwister und Eltern zur Zucht gesperrt.

Es mag für Züchter sehr enttäuschend sein, wenn sich die vielversprechende Zuchthündin oder der ideal-rassetypische Rüde plötzlich als potentielle Morbus Addison-Kandidaten entpuppen und deswegen nicht zur Zucht zugelassen werden. Aber an dieser Stelle sollten die Züchter sehr ernsthaft darüber nachdenken, wie viel Leid, Sorge und auch hohen finanziellen und seelischen Schaden sie den möglichen Käufern eines solchen Welpen (der ja auch sehr an seiner Krankheit leidet und sie unter Umständen mit dem Leben bezahlt) zufügen, würden sie mit diesen Hunden unbeschwert weiter züchten. Und man darf gewiss sein: Eine schlechte Zucht spricht sich immer schneller herum als eine gute Zucht!

 

Wie alt kann mein Hund mit der Erkrankung werden?

Grundsätzlich können Morbus Addison-Hunde, sofern sie medikamentös optimal eingestellt sind, ein genauso hohes Lebensalter erreichen wie ihre nicht erkrankten Artgenossen auch. Der Morbus Addison selbst wirkt nicht lebensbegrenzend. In unserer Gruppe haben etliche Hunde ein hohes bis sehr hohes Lebensalter erreichen können und die meisten sind am Lebensende aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters oder anderen Erkrankungen verstorben.

Wie oft muss ich das Natrium-Kalium-Verhältnis testen lassen?

In der Einstellungsphase, also wenn die Medikamentendosierung noch nicht am Therapie-Optimum angekommen ist, muss noch vergleichsweise oft eine Natrium-Kalium-Überprüfung stattfinden (spätestens alle 28 Tage zur Überprüfung der Zycortal®-Wirkdauer und bei Überschreitung der Wirkdauer in jeder Woche, die man drüber liegt, nochmal). Wenn die richtige Dosis dann gefunden ist, reichen zwei bis drei Natrium- und Kalium-Kontrollen im Jahr (und bei Bedarf).

Ist die dauerhafte Gabe von Kortison nicht schädlich für meinen Hund?

Morbus Addison- Hunde haben einen Mangel an körpereigenen Hormonen, der in jedem Fall durch eine entsprechende Hormonersatztherapie ausgeglichen werden muss. Hierzu verabreichen wir das Kortison aber nur in der Höhe, wie der Körper es selbst herstellen würde, wenn unser Hund gesund wäre. Wir geben unserem Hund das Kortison also nicht wie bei Entzündungserkrankungen oder anderen schlimmen Erkrankungen wie Arthrose in heilender Absicht mit entsprechenden hohen Dosen (kurative Therapie), sondern nur in der minimalst möglichen Dosis (substituierende Therapie). Daher müssen wir auch nach der Einstellphase nicht die Regeln bei Einnahme von Kortison beachten, die sonst eine ganz wichtige Rolle spielen.

Was sind bekannte Langzeitschäden von Morbus Addison und den Medikamenten, die verabreicht werden müssen?

Bei guter Einstellung sind keine Langzeitschäden zu erwarten. Im Alter können Morbus Addison-Hunde (wie ihre gesunden Artgenossen im Übrigen auch) Leberprobleme und schlechte Leberwerte bekommen sowie Niereninsuffizienzzeichen zeigen. Das kann eine Folge der Langzeitgabe von Prednisolon sein. Zum möglichst langen und vollständigen Erhalt der Leberfunktion kann daher bereits in jüngeren Jahren die Leberfunktion mit Präparaten aus der Mariendistel unterstützt werden.

Ich möchte meinem Hund keine Chemie geben. Kann ich meinen Hund auch ausschließlich homöopathisch oder alternativ behandeln?

Ganz klare Antwort: Nein, weil die Gabe von synthetischem Glukokortikoid und Mineralokortikoid alternativlos ist! Alles andere ist grob fahrlässig und gefährdet das Leben unseres Hundes! Viele von uns nehmen gerne Alternativen zur (konservativen) Schulmedizin in Anspruch. Aber es besteht selbst bei den praktizierenden Tierheilpraktiker in unserer Gruppe Einhelligkeit darüber, dass für Morbus Addison-Hunde an dieser Stelle die alternative Medizin keine Alternative ist.

Bevor Philip Showalter Hench, Edward Calvin Kendall und Tadeus Reichstein in den 1940er Jahren das Kortison entdeckten und zu therapeutischen Zwecken herstellten (1950 erhielten sie gemeinschaftlich für ihre Entdeckungen bei den Hormonen der Nebennierenrinde, ihrer Struktur und ihrer biologischen Wirkungen den Nobelpreis der Medizin) mussten Menschen, die an Morbus Addison erkrankt waren nahezu ausnahmslos sterben. Dasselbe wiederfährt unserem Hund, wenn wir ihm das lebensnotwendige Kortison und Mineralokortikoid vorenthalten.

 

 

Kann es passieren, dass Hunde, die gut eingestellt waren, auf einmal wieder Zeichen einer Krise zeigen? Und wenn ja, was können die Gründe sein?

Ein gut eingestellter und beobachteter Hund sollte eigentlich niemals wieder in eine Addison-Krise kommen. Allerdings können bestimmte Situationen dazu führen, dass er mehr gestresst wird. Wenn Addison-Hunde Infektionskrankheiten mit Brechen und Durchfall bekommen und dann nicht zusätzliches Kortison (gespritzt oder in Tablettenform) erhalten, kann das beispielsweise eine neuerliche Krise auslösen. Denn durch Magen-Darminfekte werden die Medikamente oft nicht ordnungsgemäß aufgenommen und die Mineralien nicht gut im Körper zurückgehalten. Auch weniger offensichtliche Ereignisse negativer oder positiver Eigenschaft können stress- und damit krisenauslösend sein. Hier seien exemplarisch genannt: z.B. der Einzug eines neuen Hausgenossen (Katze/Hund oder ein Baby wird geboren), eine Urlaubsreise, der geliebte Mensch muss für längere Zeit weg (Krankenhausaufenthalt oder Dienstreise).

Woran erkenne ich als Laie eine herannahende Krise?

Wie beim ersten Mal kündigt sich eine Krise mit beobachtbaren Veränderungen an. Als erstes fallen uns meist verminderter Appetit und Futtermäkeligkeit, Trinkverweigerung/vermehrtes Trinken, aber auch starke Müdigkeit, Lustlosigkeit, Desinteresse sowie depressives Verhalten auf. Nicht immer steckt bei einem gut eingestellten Hund direkt wieder eine herannahende Krise dahinter, dennoch sollte man in einer solchen Situation die Antennen ausfahren und weitere Beobachtungen anstellen:

Den A plus C plus T plus H-Test

A wie Atmung: In Ruhe sollte ein großer Hund 14-22 Atemzüge/min und ein kleiner Hund 18-30 Atemzüge/min zeigen. In der Krise sind diese Werte erhöht. Die Witterung muss hierbei beachtet werden, starkes Hecheln erschwert die Beobachtung!

C wie capillary filling pressure (Kapillarer Fülldruck ): Die Farbe der Schleimhäute sollte rosa sein. Ist sie blass bis gräulich oder bläulich ist dies schon ein erstes Indiz. Man drückt an einer Stelle des Zahnfleisches etwa drei Sekunden auf eine Stelle, bis das Zahnfleisch weiß wird. Dann lässt man los und sagt „21, 22, 23“. Wenn nach dem Aussprechen von „21“ das Zahnfleisch nicht bereits wieder rosa ist, ist dies ein weiteres Indiz.

T wie Temperatur: Sie kann erhöht sein oder in der akuten Krise auch vermindert sein. Die Körperinnentemperatur liegt beim gesunden Hund bei 37,5-39,4 °C, - der durchschnittlich Wert beträgt 38,2 °C bis 38, 8 °C (Beim Welpen gilt bis 39.5 °C als normal). Man misst beim Hund immer im Anus. Das sollte man ab und zu mal trainieren, damit der Hund es kennt.

H wie Herzfrequenz: Wir nehmen den Puls des Hundes. Ein großer Hund hat 70-100 Schläge/min, ein kleiner Hund 100-130 Schläge/min. Der Puls sollte im Ruhezustand gemessen werden. Er wird an der Innenseite der Hintergliedmaße gemessen. Dort ertastet man durch leichten Druck auf der inneren Oberschenkelseite die Arteria femoralis und fühlt den Puls. Es empfiehlt sich, dort 15 Sekunden lang zu zählen und das Ergebnis mit 4 zu multiplizieren (Pulsfrequenz = Pulsschläge pro Minute). Des Weiteren sollte man auf die Stärke (Intensität) und den Rhythmus des Pulses achten. Je schneller und flacher ein Puls ist und dazu noch arrhythmisch, umso wahrscheinlicher ist es, dass das Kalium in die Höhe gegangen ist. Auch die Pulsmessung sollte trainiert werden, um im Notfall zu wissen, wie es funktioniert.

Grundsätzlich plädieren wir dafür, dass man sich mit dem ABC der ersten Hilfe beim Hund vertraut macht.

 

Welche körperlichen Veränderungen und Fellveränderungen werden vor und nach der Diagnosestellung beobachtet?

Manche Hundehalter beschreiben, dass es vor der Diagnose zunächst zu einer (Unter-)Fellvermehrung kam und die Hunde oft ungewöhnlich viel und lange gehaart haben, ohne dass es zum wirklichen Fellverlust kam. Da nach der Diagnose meist zunächst hochdosiertes Glukokortikoid (Prednisolon oder Hydrokortison) gegeben wird, kommt es nicht selten zu einem großen Fellverlust und einer Verlangsamung des Haarwachstums bis zu Haarausfall. Auch kahle Stellen oder insgesamt spärliches Fell, Farbveränderungen (schwarz erscheint plötzlich rotbraun, braun wird zu blond), dünne und faltig wirkende Haut, in der man die Blutgefäße sehen kann, übermäßige Talgabsonderung, Wundheilungsstörungen, die schnelle Bildung von Blutergüssen, eine erhöhte Neigung zu bakteriellen Hautentzündungen, Pilzinfektionen sowie die Neigung zu Druckgeschwüren werden beschrieben. Auch die Bauchumfangsvermehrung, ständiger Hunger, vermehrter Durst und dementsprechend große Mengen Urin (bis hin zur Inkontinenz) als auch Hecheln gehören zu den Veränderungen, die sich zu Therapiebeginn zeigen können. Die gute Nachricht: Sobald eine gesunde Erhaltungsdosis gefunden wurde wächst das Fell binnen ein paar Monaten wieder nach und auch alle anderen Symptome verschwinden wieder.

Ist bei MA eine Diät einzuhalten, sollte auf spezielles Futter umgestellt werden? Können die Elektrolyte beeinflusst werden?

Soweit der Hund keine andere Erkrankung hat spricht nichts dagegen, das Hundefutter weiter zu geben welches vor Krankheitseintritt gegeben wurde. Wobei wir eine gesunde und ausgewogene Ernährung eh voraussetzen,- egal ob krank oder gesund! Für gebarfte Hunde ist darauf zu achten, dass der Körper nicht übersäuert. Es sollten Knochen oder Mineralien, Heilerde und/oder Zucchini (in Maßen)gefüttert werden. Kaliumhaltige Nahrungsmittel wie z.B. Bananen und Kartoffeln in großen Mengen sollten gemieden werden. Zudem sollte, falls Prednisolon gegeben werden muss, auf sehr hochwertiges tierisches Eiweiß in Form von gutem Muskelfleisch geachtet werden und Milchprodukte wie Quark und Hüttenkäse verfüttert werden, um zu vermeiden, dass Eiweiß aus der Muskulatur abgebaut wird und damit ein Muskelabbau stattfindet. Bei einem guten Kaliumwert, aber zu niedrigem Natriumwert wird dem Futter (nicht jodiertes) Kochsalz beigemischt. Eine gute Initialdosierung ist 0,1 g pro kg pro Tag, es kann aber auch erforderlich sein, deutlich mehr Salz zu verabreichen, damit die Natriumwerte in den Referenzbereich kommen. Salz ist für unsere Hunde nicht schädlich, auch wenn es in größeren Mengen gegeben werden muss. Allerdings ist zu jeder Zeit freier Zugang zu Trinkwasser zu gewährleisten! Ein zu niedriger Natriumwert hingegen wäre schädlich. Wir empfehlen, die verabreichte Menge Salz zu wiegen, damit immer eine gleichbleibende Dosis verabreicht wird. Kalium sollte unter Zycortal® nie zu hoch gehen (rechtzeitige Injektion). Bei erhöhten Kaliumwerten unter der Tablettengabe: Erhöhung der Fludrokortison-Dosis (Florinef® / Astonin H ®). Traubenzucker oder eine Glucose- Infusion (manchmal in Verbindung mit Insulin) schleust Kalium zurück in die Zellen.

Ist ein Magenschutz- Medikament erforderlich, wenn unsere Hunde Kortison bekommen?

Weil unsere Hunde keine riesigen therapeutischen Mengen an Kortison bekommen, ist ein Magenschutz aus unserer Sicht nicht unbedingt erforderlich.

Der beste Schutz ist es, die Medikamente nie auf leeren Magen zu geben!

Rein homöopathische und pflanzliche Magenschoner sind im Handel zu erhalten. Tierärzte/Tierärztinnen und Tierheilpraktiker können hierbei helfen, das geeignete Präparat zu finden.

Magenprobleme deuten meist auf Übelkeit hin. Hunde schlecken oder schmatzen dann oft, manche speicheln sogar mit und ohne Erbrechen. Aufstoßen kann ebenfalls ein Symptom sein. Manche Hunde schlucken beim (hastigen) Fressen viel Luft ab, die dann über die Speiseröhre wieder entweichen muss. Fressunlust kann auch auf Magenprobleme hinweisen. Auch wenn Hunde den Bauch „einziehen“ und/oder den Rücken etwas aufwölben, kann dies ein Symptom für Bauchschmerzen sein. Manche Hunde nehmen bei heftigem Bauchschmerz die sogenannte Gebetsstellung ein. Diese kann hinweisgebend für eine Bauchspeicheldrüsenentzündung sein. Wenn der Hund bei Druck gegen den Magen mit der Hand von unten dabei einen Buckel macht, also dem Druck ausweicht, spricht es auch für Bauchweh. Blähungen sind entweichende Darmgase, die auch bei gesunden Hunden vorkommen. Hastiges wiederholtes Maulschlecken nach dem Fressen kann ein Zeichen von durch Rückfluss des Nahrungsbreis bedingtem Sodbrennen sein.  

Fazit: Man muss seinen Hund intensiv beobachten und jede Verhaltensveränderung individuell bewerten. Diese Beobachtungen sollten mit dem Tierarzt / der Tierärztin des Vertrauens unbedingt besprochen werden, er wird geeignete diagnostische Verfahren einleiten.

 

 

Welche Blutwerte sollten gecheckt werden?

Bei den normalen Untersuchungen werden in der Regel nur die Natrium- und Kaliumwerte überprüft. Den Kortison-Spiegel im Blut messen zu wollen ist nicht möglich, da es nicht nachweisbar ist. Und da ja das endogene (körpereigene) Cortisol nicht mehr produziert wird ist es chronisch IMMER niedrig bis Null. Dennoch versuchen manche Tierärzte/Tierärztinnen, die Prednisolon- Dosis über die Messung des Cortisolwertes einzustellen, was völlig unsinnig ist. Es gibt keine Möglichkeit, das Prednisolon im Körper zu messen! Das ist, als ob man Äpfel mit Birnen vergleicht und endet im schlimmsten Fall in absoluten Überdosierungen. Ein- bis zweimal sollte man auch eine Routine-Blutuntersuchung (Blutbild und Blutchemie) machen lassen um bei einem Verdacht auf eine weitere Erkrankung frühzeitig reagieren zu können. Unter Prednisolongabe /Hydrokortisongabe ist auch die Durchführung/ Wiederholung eines ATCH-Test unsinnig, da ja durch die „künstliche“ Zuführung von Kortison die körpereigene Ausschüttung von ATCH beeinflusst und gehemmt wird und ein falsches Messergebnis liefert. Daher ist es zur sauberen Diagnostik außerordentlich bedeutsam, dass noch kein synthetisches Kortison gegeben wurde! Im Falle einer Addison-Krise ist Eile geboten, aber die Zeit der sauberen Diagnostik beträgt eine Stunde, die der Hund mit Infusionen versorgt gut überstehen kann.

Wie oft geht eine Inkontinenz mit Morbus Addison einher?

Es ist zwischen einer Polyurie mit einer Polydipsie und einer echten Inkontinenz zu unterscheiden.

Die Polyurie, eine krankhaft erhöhte Urinausscheidung in Verbindung mit einer Polydipsie, dem krankhaft gesteigerten Durstgefühl und Trinkverhalten, kann als Nebenwirkung von Prednisolon oder anderer Glukokortikoide entstehen. Gerade nach überstandener Krise, wenn noch viel Prednisolon gegeben wird, kommt es oft zu diesen Phänomenen mit dem Effekt, dass die Hunde ungewöhnlich viel urinieren müssen und es manchmal einfach nicht mehr schaffen, einzuhalten. Das ist aber keine echte Inkontinenz! Im Verlauf, wenn Prednisolon langsam auf die Erhaltungsdosis reduziert wird, verschwinden diese Nebenwirkungen wieder. Wenn die Elektrolyte nicht in der Norm liegen, kann ebenfalls eine Inkontinenz entstehen, also sollten Natrium und Kalium als erstes überprüft und die Medikamentendosierung eingestellt werden. Bei einem kastrierten Weibchen kann sich durch Mangel an Östrogen eine Schließmuskelschwäche entwickeln.

Eine explizit durch Morbus Addison verursachte Inkontinenz gibt es unseres Wissens nach nicht.          

 

Warum fällt es Tierärzte /Tierärztinnen so schwer, die richtige Diagnose zu stellen? Kommt Morbus Addison tatsächlich so selten vor?

Morbus Addison wird häufig als “the great pretender“ (= der große Täuscher) bezeichnet, da er viele Symptome präsentiert, die nicht eindeutig auf ihn als einzige bestimmte Krankheit hinweisen beziehungsweise die bei vielen anderen, oft gängigeren Krankheiten, ebenfalls Leitsymptome sind. Beim Menschen liegt die Häufigkeit bei rund 11 Erkrankten pro 100.000 Einwohner, vermutlich würde die Prävalenz (Häufigkeit) beim Hund etwas höher ausfallen. Leider kann man für die Hunde keine statistischen Daten bemühen, die das belegen können. Der Morbus Addison gehört aber damit sowohl in der Humanmedizin wie in der Tiermedizin tatsächlich zu den seltenen Krankheiten. Und alles, was nicht oft vorkommt, gerät auch leicht ins Vergessen. Gleichwohl ist zu bemerken, dass in den letzten Jahren immer mehr Tierärzte/Tierärztinnen z.B. bei einem chronischen Durchfallpatienten an den Morbus Addison denken. Dennoch müssen wir leider davon ausgehen, dass die Erkrankung auch ganz oft nicht diagnostiziert wird und diese Hunde entweder unter „ungeklärten Todesfällen“ verbucht werden oder, sofern sie nicht am primären Morbus Addison leiden, mit schlechter Lebensqualität durch ihr Leben „eiern“, bis die Krankheit vielleicht mal zufällig doch entdeckt wird. Das stimmt uns traurig und wir hoffen sehr, an dieser Stelle die lesenden Menschen aufzurütteln, vielleicht doch einmal eine Morbus Addison-Diagnostik durchführen zu lassen. Je nachdem, welche Literatur man bemüht verbirgt sich nämlich hinter jedem zehnten bis dreißigstem gelegentlichen oder chronischen Durchfallpatient oder Patienten mit schlechten Nierenwerten ein Morbus Addison-Patient.

Muss ich damit rechnen, dass mein Hund weitere Erkrankungen bekommt?

Man kann die Autoimmunerkrankungen grob in zwei Gruppen einteilen: diejenigen, die viele verschiedene Organe befallen (systemische Autoimmunerkrankungen) und solche, die nur ein Organ oder Gewebe direkt durch einen autoimmunen Prozess schädigen (lokal). Der Morbus Addison zählt zu den lokalen Autoimmunerkrankungen. Dennoch gibt es gelegentlich ein Zusammentreffen von mehreren autoimmunen Erkrankungen.

In der Literatur wird das sogenannte Schmidt Syndrom beschrieben. Darunter versteht man das gemeinsame Vorliegen von Morbus Addison und einer Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose). Eine leichte, nicht behandlungsbedürftige Schilddrüsenunterfunktion kann durch das Prednisolon verursacht sein. Auch gibt es bei einigen unserer Hunde eine unheilige Allianz zwischen dem Vorliegen eines Morbus Addison und dem Formenkreis der Inflammatory bowel diseaseses (IBD) oder dem Irritable bowel syndrome (IBS). Beide können Magenschmerzen, Blähungen sowie Durchfall oder Verstopfung verursachen. Aber hier enden die Gemeinsamkeiten auch schon. IBS und IBD haben verschiedene Ursachen und Behandlungen. IBD ist eine strukturelle Krankheit. Das bedeutet, dass ein zugrunde liegender körperlicher Schaden die Symptome verursacht, der ebenfalls immunvermittelt ist. Diagnostiker können chronische Entzündungen oder Geschwüre sehen, wenn sie den Darm mit einer Röntgenaufnahme, Endoskopie, Chirurgie oder Biopsie untersuchen. Morbus Crohn und Colitis Ulcerosa beim Menschen sind entzündliche Darmerkrankungen, analoge Krankheitsbilder sind auch in der Veterinärmedizin beschrieben. IBS dagegen nennen Ärzte eine funktionelle Krankheit. Ein (tierischer) Patient mit dieser Art von Krankheit wird eine Anzahl von Symptomen haben, aber Tests werden keine physikalische Erklärung für diese Probleme zeigen. Da IBD und IBS beide chronische Erkrankungen sind, die den Darm betreffen, haben sie einige überlappende Warnzeichen: Bauchschmerzen, Appetitlosigkeit und Durchfall. Auch hier ist das vertrauensvolle Patienten-Management zwischen uns als Hundehalter und unserem Tierarzt die wichtige Grundvoraussetzung dafür, dass unseren Tieren geholfen werden kann.

Gelegentlich haben einige unserer Hunde auch einen Cobalamin-Mangel (Vitamin B 12), der behandlungsbedürftig ist. Aber auch dies ist kein Hexenwerk, es gibt hierfür ebenfalls Depotspritzen oder Tabletten. Der Tierarzt/die Tierärztin des Vertrauens wird hierfür Rat und Tat wissen.

Wichtig ist auch, dass selbst bei banalen Infekten, die jeden Hund ereilen können, eine Dosisanpassung des Kortisons wie in Stresssituationen (Boost) zwingend erfolgt! Bei Durchfall/Erbrechen ist rasch tierärztliche Hilfe aufzusuchen und ggfs. (Hydro-)Kortison als Infusion verabreichen zu lassen! Bei Infekten ist eine frühzeitige (aggressive) Therapie und Behandlung des Infektes angezeigt! Bei Fieber ist IMMER das Kortison zu erhöhen!

Erfreulicherweise sind diese zusätzlichen Erkrankungen jedoch eher selten, aber im Sinne einer umfassenden Information gehören sie an dieser Stelle aufgeführt, da diese Nebenkriegsschauplätze ebenso behandlungsbedürftig und von zentraler Bedeutung für den Wohlfühlgrad unserer Hunde sind. Idealerweise stellt man erst den Morbus Addison ein und kümmert sich dann um die weitere „Baustelle“.

Ob ähnlich wie in der Humanmedizin, Hunde mit einer Autoimmunerkrankung wie Morbus Addison zu weiteren Erkrankungen der Autoimmunerkrankungen neigen, wäre aus unserer Sicht einmal eine Forschungsfrage wert. Bisher ist nichts bewiesen, aber auch nichts wiederlegt.

 

Kann ich meinen Hund mit dieser Erkrankung noch impfen lassen? 

 

Grundsätzlich muss das jede*r Hundehalter*in mit dem Tierarzt / der Tierärztin des Vertrauens selbst entscheiden. Die ständige Impfkommission für die Veterinärmedizin (StiKo Vet) hat 2017 hierzu eine Stellungnahme zur Impfung von immunsupprimierten und alten Patienten in der Kleintierpraxis ausgesprochen:

Immunsuppressive Langzeittherapie mit Glukokortikoiden   Glukokortikoidtherapie < 2 Wochen: - Impfung vermeiden 3- Impfung frühestens nach Beendigung der Therapie Glukokortikoidtherapie > 2 Wochen: - Impfung vermeiden 3- Impfung frühestens 3 Monate nach Beendigung der Therapie Dauer-Glukokortikoidtherapie: Impfung vermeiden 3; falls nicht möglich:- Impfung nur mit inaktivierten Vakzinen- Impfung wie bei gesunden Tieren 1- Kontrolle des Impferfolgs durch Antikörperbestimmung 2nach Impfung  
  1 entsprechend den Leitlinien der Ständigen Impfkommission Veterinär2 Das Vorhandensein von Antikörpern gegen Parvovirose, Staupe und Hepatitis contagiosa canis beim erwachsenen Hund und Panleukopenie bei der erwachsenen Katze lässt bei diesen Infektionskrankheiten auf eine belastbare Immunität schließen und eignet sich daher zur Bestimmung des individuellen Immunstatus.3 bei akuter Infektionsgefahr, Rat zur passiven Immunisierung © Alle Rechte vorbehalten, Friedrich-Loeffler-Institut, Suedufer 10, 17493 Greifswald - Insel Riems. 

Quelle: 

https://www.openagrar.de/receive/openagrar_mods_00030948

Zuletzt aufgerufen am 10.08.2018

Wenn geimpft werden soll (oder muss), dann empfehlen wir, auf keinen Fall Kombi-Impfpräparate zu verwenden! Stattdessen sollte jede Impfung mit genügend zeitlichem Abstand einzeln durchgeführt werden, um beobachten zu können, ob es zu Impfzwischenfällen kommt und welche Impfung auslösend war.

Zu bedenken und zu beachten ist, dass, wenn man mit einem ungeimpften Hund ins Ausland verreisen möchte, man die lokalen Bestimmungen unbedingt beachten muss. Das Risiko, dass man eine hohe Geldstrafe zahlen muss oder schlimmer noch, dass ein nicht ordnungsgemäß geimpfter Hund dort in Quarantäne genommen wird, ist vergleichsweise hoch. Alleine ein Unfall mit der Notwendigkeit eines lokalen Tierarztbesuchs kann hier Auslöser sein. Daher muss man als Halter*in die Risiko-Nutzenabwägung sorgfältig treffen. Es empfiehlt sich daher, sich gründlich über die Einreise- und Durchreisebestimmungen im Vorfeld zu informieren.

Ist mein Hund trotz der Erkrankung weiterhin leistungsfähig oder muss ich ihn nun schonen?

Nach einer gerade überstanden Krise braucht der Hund genauso wie ein Mensch eine bestimmte Zeit zur körperlichen Gesundung und seelischen Regeneration. Insbesondere, wenn das „Feintuning“ hinsichtlich der Medikamenteneinstellung noch nicht abgeschlossen ist, kann es Tage geben, an denen sich unser Freund subjektiv besser oder schlechter fühlt.

Diese Phase kann einige Wochen, manchmal aber auch Monate in Anspruch nehmen.

Hat der Hund aber seinen Status Quo erreicht, so steht er einem gesunden Hund unter Beachtung des möglichen zusätzlichen Bedarfs an Glukokortikoiden und häufigeren Ruhephasen hinsichtlich Leistungsfähigkeit und Einsatzfreude in nichts nach.

In unserer Gruppe arbeiten Morbus Addison-Hunde aktiv als Assistenzhund, als Therapiehund, als Rettungsstaffelhund, als Jagdhund und in vielen anderen Bereichen. Und auch in unserer Freizeit sind sie alles andere als inaktiv: Sie gehen mit uns auf Bergwanderungen, sind Reitbegleithunde, sie segeln mit uns, nehmen an Radtouren teil, sind Familienhunde, machen Agilitysport, Mantrailing, Obedience und Dogdancing und was es sonst noch alles an hundevergnüglichem Sport so gibt. Wichtig ist immer, dass wir verhindern, dass sie in eine körperliche und psychische Überforderungssituation kommen.

Kann ich die Lebensqualität meines Hundes durch sonstige Maßnahmen noch verbessern?

 

Es ist immer gut, die gesunde und ausgewogene Ernährung unserer Hunde im Blick zu haben. Darüber hinaus können physiotherapeutische Maßnahmen nach überstandener Krise ebenso hilfreich sein wie eine tierheilpraktische Co- Behandlung. Auch kann eine Ernährungsberatung hinsichtlich einer Optimierung der Qualität des Futters und seiner Bestandteile hilfreich sein.

Und natürlich hilft unserem vierbeinigen Freund etwas ganz Entscheidendes schnell wieder auf die Füße:

Das großartige Gefühl, dass wir ihn lieben!

Gibt es Alternativen zu Prednisolon?

Das moderne Cortisol-Ersatzmedikament ist nicht, wie im Volksmund immer bezeichnet, das „Kortison“, auch wenn wir es immer noch so nennen. Kortison war das erste künstlich hergestellte Cortisol und war damit namensstiftend für die heute gebräuchliche Begrifflichkeit „Kortisontherapie“, die ja eigentlich eine Glukokortikoid-Therapie ist. Kortison ist in der ursprünglichen Form in Deutschland nicht mehr im Handel. Deshalb wurden viele synthetische Stoffe entwickelt, die dem Cortisol oder dem Kortison künstlich nachempfunden wurden.

Diese Substanzen haben verschiedene Wirkzeiten und Wirkstärken. Dem körpereigenen Cortisol am nächsten kommt hierbei das Hydrokortison® mit seiner Wirkdauer von etwa 6 Stunden und der Wirkstärke 1. Je höher die Wirkstärke eines Präparates ist, desto weniger muss davon eingenommen werden.

Die Behandlung unserer Hunde erfolgt üblicherweise mit Prednisolon. Prednisolon ist sowohl in der Humanmedizin zugelassen als auch in der Veterinärmedizin. Es ist günstig, hat eine gute Wirkdauer (12- 24 Std.), eine akzeptable Wirkstärke (4-5) und lässt sich gut dosieren. Es wird in der Morbus Addison-Therapie für gewöhnlich einmal täglich am Morgen gegeben. Es hilft unseren Hunden gut durch den Tag und gewährt ihnen in der Nacht den so wichtigen erholsamen Schlaf. Durch die moderate Wirkdauer sinkt nämlich der Spiegel im Blut zur Nacht ab.

Manche unserer Hunde haben aber Probleme bei der Einstellung auf Prednisolon beziehungsweise kommen mit Prednisolon nicht so gut zurecht. Sie können unter Umständen besser mit einem Präparat mit kürzerer Wirkdauer und geringerer Wirkstärke behandelt werden, müssen dafür aber auch zwei- bis mehrfach am Tag ihre jeweilige Dosis erhalten. Eine gute Übersichtstabelle der gängigen Glukokortikoide findet sich unter

 https://de.wikipedia.org/wiki/Glucocorticoide

 

zuletzt aufgerufen am 10.08.2018

Welches Präparat für unsere Hunde zum Einsatz kommt, muss nach der individuellen Situation und in Risiko-Nutzenabwägung mit dem Tierarzt / der Tierärztin besprochen werden. Die kleinste Tablettengröße von Prednisolon in der Veterinärmedizin ist 5 mg. Wenn kleinere Dosen benötigt werden, die durch vierteln/achteln nur sehr ungenau herzustellen sind, so darf der Tierarzt gemäß der Umwidmungskaskade des § 56a (2) Arzneimittelgesetzes (AMG) kleinere Tablettenstärken (1 mg oder 2 mg) aus der Humanmedizin rezeptieren.

Denn kein Tier muss überdosiert oder ungenau dosiert werden.

 

 

 

Woher wisst ihr das alles?

Es ist unsere Schwarmintelligenz, die diese Informationen möglich gemacht hat. Uns alle treibt die gemeinsame Sorge um das Wohl und Weh unserer vierbeinigen Freunde um. Und wir teilen in unserer Facebook-Gruppe unsere Erkenntnisse, unser Wissen, aber auch unsere Sorgen und Nöte. Das ist das Wesen einer Selbsthilfegruppe. Diese Gruppe zeichnet sich durch ihre Offenheit und Freundlichkeit aller Mitglieder aus, dies wollen wir unbedingt beibehalten.

Manche von uns waren lange auf sich alleine gestellt und mussten sich irgendwie mit der Diagnose durchbeißen. Bevor man keine oder nur unzureichende Information bekommt, beginnt man das Selbststudium und sucht sich Verbündete im Kampf gegen diese Erkrankung. Unsere Gründerin Nadine Wiens ist eine solche Person!

In unseren Reihen gibt es inzwischen eine Menge Menschen, die neben dem eigenen Betroffen sein auch noch eine berufliche Affinität mitbringen: Praktizierende Tierheilpraktiker, Tierfachangestellte, Menschen aus Pflegeberufen, Ärzte der Humanmedizin, um nur einige Berufsgruppen zu nennen. Und auch ein Mensch, der selbst vom Morbus Addison betroffen ist, ist Mitglied bei uns.

Und auch die Neugierigen, die an permanentem Bildungshunger und Wissensdurst leiden und alles zum Thema lesen, was irgendwie und irgendwo verfügbar ist, finden sich in unseren Reihen. Und die auch gerne mal über den Tellerrand hinausschauen, um zu sehen, was Lehre und Forschung so zu bieten haben. Auch sie leisten einen Beitrag, der uns alle weiter bringt.

Und dann gibt es noch die unter uns, die immer alles ganz genau wissen müssen und deswegen immer und überall fragen, fragen, fragen...! Auch sie leisten hierdurch einen wertvollen Beitrag zur Wissensgenerierung, weil sie das, was sie in Erfahrung bringen, nicht für sich behalten!

Den Feind, den man kennt, kann man besiegen! Das ist unser Credo! Und inzwischen sind wir ziemlich schlagkräftig geworden!

Wir werden auch zukünftig immer unser Ohr „am Puls der Zeit halten“, uns tummeln, wo wir neues Wissen und neue Erkenntnisse vermuten. Wir möchten Bündnisse schmieden, um schneller und besser an Forschungsergebnisse zu kommen, um vielleicht auch Forschungsfragen aufzuzeigen. Warum das alles? Weil unsere betroffenen vierbeinigen Freunde (und manchmal auch ihre Menschen) es uns danken!

 

 

Wie funktioniert das mit dem Cortisol und dem Cortison eigentlich?

Bei den Glukokortikoiden unterscheidet man körpereigene (endogene) Hormone und synthetische Substanzen (Arzneistoffe). Die endogenen Glukokortikoide werden in der Rinde der Nebennieren produziert.

Cortisol ist ein Steroidhormon, das in der Zona fasciculata der Nebennierenrinde gebildet wird und zur Gruppe der Glucocorticoide gehört. Die Cortisolausschüttung wird durch Adrenocorticotropin (adrenocorticotropes Hormon, ACTH) aus dem Hypophysenvorderlappen stimuliert. Eine Unterfunktion (Hypocortisolismus) führt zum Morbus Addison.

Biosynthese

Die Biosynthese der Corticoide startet wie bei allen Steroiden beim Cholesterin. Zwischenprodukt ist Pregnenolon, das auf mehreren möglichen Wegen zu Cortisol synthetisiert und dieses zu Cortison umgesetzt wird.

Für Mediziner: Cortisol ist ein Steroidhormon der Nebennierenrinde. Es entsteht aus Cholesterol. Dabei findet zunächst in den Mitochondrien der Nebennierenrindenzellen die Synthese von Pregnenolon statt, einer gemeinsamen Vorstufe von Glucocorticoiden (z. B. Cortisol), Mineralocorticoiden (z. B. Aldosteron), Androgenen (z. B. Testosteron) und Estrogenen (z. B. Estradiol). Das Enzym, welches die Bildung von Pregnenolon über einen Zwischenschritt katalysiert, heißt Cholesterindesmolase und ist eine Monooxygenase, die NADPH (Nicotinamidadenindinukleotidphosphat) als Cofaktor benötigt. Diese Reaktion ist der geschwindigkeitsbestimmende Schritt der Cortisolbiosynthese. Pregnenolon verlässt das Mitochondrium und wird durch eine Dehydrogenase in Progesteron umgewandelt. Im endoplasmatischen Reticulum wird dieses Progesteron durch das Enzym 17-Hydroxylase in 17α-Hydroxyprogesteron umgewandelt. Durch eine weitere Hydroxylierung unter Katalyse entsteht 11-Desoxycortisol, welches dann wieder im Mitochondrium durch die 11-Hydroxylase in das Cortisol umgewandelt wird.

Physiologische Wirkung

Im Organismus zirkuliert ständig eine gewisse Menge Cortisol, die auf Stoffwechselprozesse Einfluss nimmt. So wirkt Cortisol etwa im Eiweiß- und Kohlenhydratstoffwechsel und als Gegenspieler des Insulins: Eiweiße werden abgebaut (katabole Wirkung), und aus den freigesetzten Aminosäuren wird Glukose gebildet (Glukoneogenese). Das lässt den Blutzuckerspiegel steigen, ebenfalls erhöht sich die Bildungsrate von Glykogen, der Speicherform der Glukose in der Leber und Skelettmuskulatur. Im Fettstoffwechsel fördert Cortisol indirekt sowohl die Auflösung von Fetten (Lipolyse) als auch die Fettspeicherung. In Stresssituationen (z. B. durch Verletzungen, Infektionen, operative Eingriffe) erhöht der Organismus die Cortisolmenge. Dadurch kommen weitere, wichtige Cortisoleffekte hinzu. Die meisten von diesen Effekten finden sich in den synthetischen Glukokortikoiden als Arzneimittelwirkung wieder. Cortisol hemmt Entzündungen, indem Abwehrmechanismen blockiert werden (antiphlogistisch). Es senkt die Teilungsrate von T-Lymphozyten und wirkt damit immunsuppressiv, also dämpfend auf das körpereigene Abwehrsystem. Die Freisetzung von Entzündungsmediatoren wie Histamin und anderen Botenstoffen des Immunsystems wie Zytokinen wird unterdrückt (daher wirkt es auch antiallergisch). Das sind beispielhaft genannte Effekte erhöhter Cortisolmengen, die sich Arzneimittel zunutze machen, zum Beispiel zur Therapie von Autoimmunerkrankungen, allergischen Reaktionen und akuten und chronischen Entzündungen.

Für Mediziner: Cortisol besitzt ein sehr breites Wirkungsspektrum und hat im Stoffwechsel vor allem Effekte auf den Kohlenhydrathaushalt (Förderung der Glukoneogenese sowie der Glykogenolyse in der Leber), den Fettstoffwechsel (Förderung der lipolytischen Wirkung von Adrenalin und Noradrenalin) und den Proteinumsatz (katabol). Cortisol hat eine Aldosteron-ähnliche Wirkung und wird deshalb in Niere, Darm und einigen weiteren Geweben zu Cortison oxidiert, welches nicht an den Mineralcorticoid-Rezeptor bindet und daher keinen antidiuretischen Effekt besitzt, d. h. es behindert nicht die Ausscheidung giftiger Stoffe über den Harn.

Cortisol ist für den Menschen und höhere Tiere lebensnotwendig. Es ist neben den Katecholaminen Dopamin, Noradrenalin und Adrenalin ein wichtiges Stresshormon. Das Cortisolsystem reagiert aber langsamer als das Katecholaminsystem. Die Nebennierenrindenproduktion an Cortisol wird durch die Hypophyse mit ihrem Hormon Adrenocorticotropin (ACTH) und noch eine Stufe höher durch den Hypothalamus durch seinen Corticotropin Releasing Factor (CRF) angeregt. Die Cortisolwerte weisen eine natürliche typische Schwankung im Tagesverlauf auf (zirkadiane Rhythmik). Der höchste Wert wird frühmorgens erreicht (Cortisol Awakening Response, CAR) und nimmt nach einem kleineren Gipfel an Nachmittag zum Abend hin deutlich ab. Im Gegensatz zu den klassischen Transmittern wird Cortisol nicht gespeichert, sondern ausschließlich über die Synthese reguliert. Alle zwei bis drei Stunden wird das endogene Cortisol vollständig umgesetzt. Cortison hat als sogenanntes "Stresshormon" auch Wirkungen auf das zentrale Nervensystem, wo es durch Stimulation euphorisierend (Glücksgefühle auslösend) oder dysphorisierend (misslaunig, gereizt, stimmungsverschlechternd) wirken kann. Dies ist bei der Substitutionsgabe ein beobachtbares Phänomen.

Was ist, wenn der normale Produktionsweg nicht mehr funktioniert?

Bei einem Mangel an funktionstüchtigem Nebennierenrindengewebe oder Defekten an der Hypophyse/ Hypothalamus wird Cortisol durch synthetische Glucocortikoide substituiert. In der Arzneimitteltherapie werden sie zum einen als Prodrug (= ein Stoff ohne eigene biologische Aktivität, der erst durch chemische Reaktionen und/oder enzymatische Transformationen in einen aktiven Wirkstoff umgewandelt wird) eingesetzt. Bei Aufnahme wird es nämlich in der Leber enzymatisch (β-Hydroxy-Steroid-Dehydrogenase) in die wirksame Form Cortisol umgewandelt(= Hydrierung). Ein Beispiel hierfür ist Prednison.

Eine weitere Form ist die bereits hydrierte Form wie Prednisolon, hier beruhen die Effekte auf der Bindung an in der Körperzelle vorhandene Glucocorticoid-Rezeptoren im Zytoplasma der Zellen. Der dabei entstandene Komplex reagiert mit der DNA. Daher ist Predisolon im Blut auch nicht nachweisbar, da es vollständig in der Zelle verschwindet und nicht im Blut zirkuliert.

Die biochemischen Effekte treten mit einer zeitlichen Verzögerung (etwa 30 Minuten nach Einnahme) ein. Die Wirkmechanismen der körpereigenen und synthetischen Glukokortikoide sind prinzipiell gleich. Man unterscheidet zwei Wirkprinzipien: über die Gene (genomisch) sowie über Membranen (nicht genomisch).

Genomisch: Hier ist die Beeinflussung der Genexpression im Zellkern von Bedeutung. Dabei gelangen die Substanzen durch die Zellmembran zunächst in das Zellplasma und binden dort an einen spezifischen Glukokortikoid-Rezeptor. Anschließend gelangt dieser Komplex in den Zellkern und dockt dort an Bereiche der DNA an, die das Ablesen von Genen steuern. In der Folge kommt es entweder zum verstärkten Ablesen bestimmter Gene oder zur Unterdrückung der Transkription.

Nicht genomisch: Glukokortikoide, die in sehr hohen Dosen etwa bei einem medizinischen Notfall verabreicht werden (z. B. schwerer allergischer Reaktion, schwerem Asthmaanfall), wirken nach anderen Prinzipien. Sie gehen beispielsweise eine Wechselwirkung mit Glukokortikoid-Rezeptoren an den Zell- Membranen ein. Diese Prozesse laufen sehr viel schneller ab als bei dem oben genanntem Mechanismus, das heißt innerhalb von Sekunden oder Minuten.

Synthetische Cortisone sind im Blut nicht messbar. Durch die Substitutionstherapie wird das Cortison direkt in die Zelle transportiert. Damit unterbleibt auch der Feedback- Mechanismus an Hypophyse und Hypothalamus, welcher die Nebennieren zur Produktion stimulieren würde. Somit produzieren die Nebennieren auch kein bis ganz minimale Mengen Cortisol. Aus diesem Grund sind unter einer Substitutionstherapie die endogenen Basiscortisolwerte immer extrem niedrig. Auch die ACTH-Produktion kommt nahezu zum Erliegen, da ja kein Bedarf vom Körper signalisiert wird, weil die Zellen künstlich gesättigt werden. Cortison ist nicht dasselbe wie das endogene Cortisol, daher zeigt sich die Gabe künstlicher Cortisone auch nicht im endogenen (= körpereigenen) Cortisolspiegel.

Bei der Substitutionstherapie mit auf den Körper angepassten Dosen sind keine Nebenwirkungen zu erwarten. Bei fortgesetzter Überdosierung über einen längeren Zeitraum können sich Symptome eines Cushing-Syndroms einstellen, die sich in Muskelschwäche oder Muskelschwund (Cortisonmyopathie), Osteoporose, aseptischer Knochennekrosen, verzögerter Wundheilung, punktförmigen Hautblutungen (Petechien), Blutergüssen, Steigerung des Augeninnendrucks (Glaukom), Linsentrübung (Grauer Star), Hemmung der Magenschleimproduktion, erhöhtem Blutzuckerspiegel, Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus), Wassereinlagerung im Gewebe, vermehrter Kaliumausscheidung, Störungen der Sexualhormonsekretion (Ausbleiben der Läufigkeit, Impotenz beim Rüden), Blutbildveränderungen (Leukozytose, Lymphopenie, Eosinopenie, Polyglobulie), Erhöhung des Infektrisikos und Immunschwäche äußern.

Welches Glucocortikoid wirkt wie und wie lange in der Hormonersatztherapie?

Bei den Gucokortikoiden unterscheidet man die Wirkstärke und die Wirkdauer. Der hier aufgeführte Vergleich orientiert sich am körpereigenen Cortisol, welches eine glukokortikoide Potenz von 1 besitzt. Hierbei kommt Hydrokortison dem körpereigenen Cortisol am nächsten.

  • Hydrocortison:
    • Glukokortikoide Potenz von 1,
    • mineralokortikoide Potenz 1
    • Wirkdauer kurz mit 8-12h;
  • Prednison/Prednisolon:
    • Glukokorikoide Potenz 4,
    • mineralokortikoide Potenz 0,6
    • Wirkdauer mittellang mit 12-36h.
  • Dexamethason:
    • Glukokortikoide Potenz 30-40,
    • mineralokortikoide Potenz keine,
    • Wirkdauer länger als 48h.

Die Äquivalenzdosis anderer Präparate, welche beachtet werden muss, wenn Prednisolon die Einnahme eines anderen Glukokortikoids ersetzen soll oder durch ein solches ersetzt werden soll, lässt sich aus der folgenden Gleichung ablesen:

5 mg Prednisolon = 5 mg Prednison = 0,7 mg Dexamethason = 4 mg Triamcinolon = 4 mg Methylprednisolon = 20 mg Hydrocortison.

Eine gute Auflistung der Glucokortikoide findet sich bei Wikipedia

https://de.wikipedia.org/wiki/Glucocorticoide

zuletzt aufgerufen am 16.12.2018

Da das Cortisol beim Hund als tagaktives Tier die höchste Blutkonzentration am Morgen aufweist und die niedrigste Konzentration um Mitternacht, sollte die Glukokortikoid- Ersatztherapie diesem tageszeitlichen Rhythmus nachempfunden werden. Oft wird beim Morbus Addison beim Hund der einfacheren Handhabung wegen (und auch der preislich günstigeren Variante wegen) Prednisolon verabreicht. Dieses Präparat muss nur einmal täglich verabreicht werden. Prednisolon hat eine mittlere Wirkstärke und die Wirkdauer liegt bei 12 bis 36 Stunden.

Manche Hunde kommen wegen der langen Wirkdauer nicht so gut mit Prednisolon zurecht, da es sich bei ihnen nicht schnell genug abbaut. Hier kann es hilfreich sein, auf das dem körpereigenen Cortison am ähnlichsten wirkende Hydrokortison umzustellen. Allerdings muss hier wegen der kürzeren Wirkdauer die Gesamtmenge aufgeteilt werden. Als Anhaltswert gilt: 2/3 der Hydrocortisondosis morgens, 1/3 verteilt auf mittags und spätnachmittags bzw. abends.

Im Internet sind einige hilfreiche Umrechnungshelfer zu finden.

Exemplarisch sei dieser hier genannt:

http://www.medicalapps.ch/EQD_SS_Ger.aspx

Weitere Umrechnungstabellen können die behandelnden Tierärzte zur Verfügung stellen.

Lang wirkende Cortisone eignen sich grundsätzlich nicht für die Substitutionstherapie.

 

Literaturhinweise:

https://www.dr-gumpert.de/html/cortison_wirkung.html#c64329

Datenblatt Glukocortikoide und Cortison bei Vetpharm, abgerufen am 12.12 2018:

https://www.vetpharm.uzh.ch/reloader.htm?wir/UC000000/0000_02.htm?wir/UC000000/0000_00.htm

https://www.vetpharm.uzh.ch/wir/00000005/3065__F.htm

Veiga, M.D.; Cadorniga, R.: Thermal Study of Prednisolone Polymorphs, in: Thermochim. Acta, 1985, 96, S. 111–115, doi:10.1016/0040-6031(85)80012-5.

Lea Haller: Cortison. Geschichte eines Hormons, 1900 – 1955. Chronos, Zürich 2012. ISBN 978-3-0340-1115-0

Lehnert, Hendrik: 2010 Rationelle Diagnostik und Therapie in Endokrinologie, Diabetologie und Stoffwechsel DOI: 10.1055/b-0034-13745

MassBank of North America (MoNA): http://mona.fiehnlab.ucdavis.edu/spectra/browse?inchikey=JYGXADMDTFJGBT-VWUMJDOOSA-N

http://www.guidetopharmacology.org/

https://pubchem.ncbi.nlm.nih.gov

 

Spasowski, G., R. Vanholder, B. Allolio et al.: Clinical practice guideline on diagnosis and treatment of hyponatremia. European Journal of Clinical Endocrinology, 170, 1-47, (2014).

Schwarz C, Lindner G. Hyponatriämie/Hypernatriämie: Diagnose und Therapie basierend auf der Analyse von physiologischen Regulationsmechanismen. J Klin Endokrinol Stoffw 2011; 4 (4):29-34.